Wir bewegen uns immer mehr in einer digitalen Welt und vergessen das viel zu oft. Wenn wir heute etwas betrachten, ist es meist ein digitales Produkt, es sei denn, wir blicken in die lebendige Natur. Zeitung, Buch, Fernsehen, Video, Kino, soziale Medien – alles digital. Was da unseren Augen angeboten wird, ist nicht das, was sie analog sehen würden. So wird bei einer heutigen Fotografie die analoge Welt in eine digitale umgesetzt – dabei geht analoge Information verloren. Wird das Foto anschließend digital gedruckt, erfolgt eine nochmalige Umsetzung, bei der wiederum Information verloren geht. Je nach eingesetzter Qualität kann das für eine betrachtende Person unentdeckt bleiben. Es hat aber sicherlich seinen Grund, weshalb professionelle , erfolgreiche Fotografien nach wie vor analog entstehen.

Vor Kurzem habe ich ein faszinierendes Buch über Leonardo da Vinci gelesen. Da Vinci hat sich über außerordentlich viele Dinge intensiv Gedanken gemacht und diese dann akribisch genau zeichnerisch und in Worten dokumentiert. Damit war er seiner Welt – noch herrschte das Mittelalter – mindestens 200 Jahre voraus. Da Vinci arbeitete und dachte bereits gewohnheitsmäßig wissenschaftlich, obwohl es den Begriff Wissenschaft noch gar nicht gab. Er ging auch seiner Neugierde nach, wie das menschliche Auge Sehen umsetzt. Dazu sezierte er Augäpfel und verfolgte ihre Nerven in das Gehirn. Anschließend formulierte er erstaunliche Schlussfolgerungen. Zum Beispiel die, dass der Mensch keine Kontrastlinien wahrnehmen kann. Das stellte die damalige – und eigentlich auch noch heutige – malerische Kunst auf den Kopf, schließlich markiert man beim Vorzeichnen die darzustellenden Objekte mit ihren Kontrastlinien. Leonardo aber sagte, das menschliche Auge könne keine Linie wahrnehmen, die zwei Kontraste von einander trennt, Kontraste fließen deshalb ineinander über und je nachdem, innerhalb welcher Distanz das erfolgt, nehmen wir eine mehr oder weniger scharfe Linie wahr. Um das zu demonstrieren, entwickelte Leonardo eine spezielle Maltechnik, die er für seine Ölmalerei anwandte. Er malte dabei „sfumato“, also verwaschen, unscharf. Und mit dieser Technik war er sehr erfolgreich: das Lächeln der Mona Lisa ist bis heute unerreicht.

Acryl auf Leinwand, 30×60.

Ich habe versucht, die Sfumato-Technik mit Lasuren und unscharfen Übergängen zu übernehmen. Da ich nicht nass-in-nass male, ist das gar nicht so einfach, da hat Öl eben seine Vorteile. Am Bild habe ich jedenfalls neue Erfahrungen gesammelt, auch, weil ich es ohne direkte Vorlage gemalt habe.