Als ich gelesen habe, dass der größte Einzelschatten der Erde der des Pico del Teide ist, wurde ich neugierig und bin der Sache nachgegangen. Einzelschatten heißt hierbei, dass es sich um ein einzelnes Objekt handelt, das für den Schatten verantwortlich ist und nicht etwa um ein Massiv oder eine Bergkette. Der Einzelschatten des Teide wird je nach Sonnenstand auf das Land und zusätzlich das Meer projiziert. Wie bei Schatten üblich, ist er dann am größten, wenn die Lichtquelle tief steht.

Ich habe mir einige Bilder im Internet angesehen und erst nach und nach realisiert, dass die Sonne für den Schatten des Teide gar nicht verantwortlich ist, denn tagsüber wird er von der Umgebungshelligkeit vollständig verschluckt: er ist zwar da, jedoch nichts, das ihn reflektiert.

Es ist also der Mond, der den Schatten gegen die auf- oder untergehende Sonne wirft. Und damit ist klar, dass für einen sichtbaren Schatten zahlreiche Bedingungen vorliegen müssen, über die ich mir erst einmal bewusst werden musste. Meine Fragen an mich waren zum Beispiel:

  • Kann man den Schatten zweimal am Tag bewundern?
  • Kommt es auf die Perspektive des Betrachters an?
  • Ist der Standort des Betrachters wichtig?
  • Wird der Schatten auf oder oberhalb der Meereshöhe wahrgenommen, d.h. ist das Dunkel des Schattens das Meer selbst?
  • Wie kommt es zu dieser klassischen Pyramidenform?
  • Was nimmt man wahr, wenn der Himmel bewölkt ist?

Als ich mir die Fragen beantworten konnte, habe ich mir die idealen Bedingungen für den idealen Schatten zusammengebastelt und dann die Bilder im Internet noch einmal angesehen: den idealen Schatten konnte ich nicht finden, immer nur Teile von ihm. Also habe ich ihn gemalt und das gleich zwei Mal.

Acryl auf Papier, 40×30. Hell-nach-Dunkel-Technik.
Acryl auf Papier, 40×30. Dunkel-nach-Hell-Technik.

Den ganz besonders hellen Mond, der u.a. für die Idealsituation notwendig ist, hatten wir übrigens dieses Jahr: es war der sog. „Supermond“, der der Erde etwa 60000 km näher war als sonst und deshalb viel mehr Licht reflektierte und so dem Gegenlicht der Sonne intensiver Paroli bieten konnte. Dennoch, das ganze Schauspiel ist nur von kurzer Dauer. Ich kann mir ein inneres Grinsen nicht verkneifen, wenn ich mir die Mühe vorstelle, mit der man den Teide erklimmt und dann 10 Minuten zu spät kommt. Da ist vom Schatten nichts mehr zu sehen…